Schwangerschafts-Porträt mit freiem Babybauch – natürliche Schwangerschaftsfotografie in München.

Kontrolle oder Vertrauen? Von der Geburt in der Diätkultur

Vor der Geburt: Kontrolle, Kontrolle, Kontrolle

Vor der Geburt hörst du es von allen Seiten: Kontrolliere deinen Körper. Halte dein Gewicht unter Kontrolle. Deine Speckröllchen unter Kontrolle. Deinen Appetit unter Kontrolle. Überprüfe, wie viel du wiegst, wie viele Zentimeter du misst und ob du vielleicht irgendwo zu viel Fett mit dir herumträgst. Kaufe Fitness-Abos, fettarmen Joghurt, Grapefruits (auch wenn du sie hasst), Shapewear, Bücher über Diäten, die „ganz sicher“ nicht dazu führen, dass du Hunger hast (hast du aber doch).

Du lernst: Deinem Körper ist nicht zu trauen. Er verrät dich. Hat Hunger (unverschämt!) und ist träge. Er weiß bestimmt nicht, wann, wie viel und was er essen soll.

Nach der Geburt: Das Spiel beginnt von vorn

Nach der Geburt hört man zuerst: „Herzlichen Glückwunsch!“ Und kurz darauf: „Zeit, wieder in Form zu kommen.“Schnell und möglichst unauffällig, bitte. Wieder: Gewicht unter Kontrolle. Appetit unter Kontrolle. So früh wie möglich solltest du aufhören, die Welt mit überflüssigem Fett zu „beleidigen“.

Mit einem Neugeborenen auf dem Arm und im Schlafmangel klickst du dich durch Online-Fitnesskurse, bestellst Supplements (unbedingt!) und das nächste Diätbuch (diesmal ganz bestimmt das letzte). Tief unter deiner Haut steckt die Angst, du könntest diese „eine von denen“ werden: die ungepflegte Mutter in Jogginghose, deren Mann sich auf der Straße für sie schämt. Die, die so viel aus sich hätte machen können – aber der einfach „der Wille fehlt“. Und überhaupt: Dein Bauch sieht aus wie ein Blumenkohl. Wie solltest du so unter Menschen gehen?

Schwarzweiß Schwangerschafts-Porträt mit freiem Babybauch – natürliche Schwangerschaftsfotografie in München.

Und dann kommt die Geburt…

Zwischen dem einen Wettlauf zum perfekten Körper und dem anderen – dem Versuch, ihn zurückzugewinnen – passiert etwas: Du gebärst.
Und plötzlich ist alles anders.

Denn Geburt hat ihre eigene Sprache. Wie ein Tal in einer Sinuskurve. Wie ein Flüstern in einer schreienden Welt. Wie all das, was du bisher nicht fühlen durftest. Plötzlich ist er still – dieser innere Kritiker, der dich dein ganzes Leben lang angeschrien, verspottet, beschämt und kommentiert hat. Der, der dir ins Ohr geflüstert hat: „Du bist zu viel.“ Oder: „Du bist zu wenig.“ Der, der will, dass du den Bauch einziehst, dich gerade hältst, dich kontrollierst. Und da steht etwas Neues. Ein leises, fremdes: „Vertrau.“ „Dein Körper ist gemacht zum Gebären. Er weiß, was er tut.“„Lass los. Atme. Vertrau.“

Du hörst das und denkst: Wie zum Teufel soll das gehen?!

Wie soll man vertrauen, wenn man vorher das Gegenteil gelernt hat? Wie soll man vertrauen, wenn es kaum da ist – und wenn doch, dann verunsichert, eingeschüchtert, stillgestellt?

Du bist nicht allein

Du bist nicht allein mit dieser Verwirrung. Ich glaube, nach so vielen Jahren in der Diätkultur hatten wir überhaupt nie die Chance, Vertrauen zu lernen.

Denn wenn etwas schiefläuft – wie bei einer Diät – ist klar: deine Schuld. Du hast nicht genug vertraut. Warst nicht stark genug. Hast dein ZEN nicht stark genug kontrolliert.

Wie sollen wir dem Körper vertrauen, wenn man uns das Gegenteil beigebracht hat?

Meine erste Diät machte ich mit sechs Jahren. Ich erinnere mich an Hunger – und an die Kommentare der Erwachsenen: Lob für meine Schwester, weil sie „Kasia so schön beim Abnehmen geholfen hat“.

Das war der Anfang einer Geschichte. Der Geschichte von Frauen, die von Kaffee und Karotten lebten. Von Kohlsuppe, Eiweißpulver, Supplements und Diätshakes. Von täglichem Wiegen, Unbehagen beim Blick in den Spiegel, einem Leben mit eingezogenem Bauch.

Ich war auch dort. Ich aß Grapefruits, hatte ein Fitnessabo und ein ganzes Regal voller Bücher über „die eine wahre Diät“.

Schwangerschaft: Der erste Moment von echter Körperliebe

Der Moment, in dem ich meinen Körper zum ersten Mal wirklich mochte, kam spät – gegen Ende meiner Schwangerschaft. Ich war stolz auf meinen großen, runden Bauch. Ich erschuf einen Menschen! Ich fühlte mich stark. Ich dachte, diese Dankbarkeit würde bleiben.

Aber sie blieb nicht.

Nur wenige Tage nach der Geburt war sie wieder da – die Diätkultur. Mit dem Knall. Mit der Unzufriedenheit über die Zahl auf der Waage, über das, was sich unter dem T-Shirt wölbt. Mit der leisen Angst, dass ich mich gehen lasse.

Ich sehe das auch bei anderen Frauen, die gebären. Für viele von uns ist dieser plötzliche Wandel in der Erzählung – von „Kontrollier deinen Körper“ zu „Vertrau deinem Körper“ – ein Schock. Fast lähmend. Denn wir wurden unser Leben lang darauf trainiert, unseren Körper zu zähmen. Uns wurde gesagt: Ohne Kontrolle bricht alles zusammen.

Wie sollen wir also gerade im wichtigsten Moment unseres Lebens… loslassen?

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Es liegt nicht an dir. Es liegt am System.

Kein Wunder, dass wir uns verlieren.
Ich habe mich auch verloren.

Das ist kein Widerspruch.
Das ist ein System.

Ein System, das uns von klein auf beibringt, uns selbst nicht zu vertrauen. Das den Körper zum Problem erklärt. Zum Projekt, das es zu verwalten gilt. Und dann gebären wir Töchter… Und oft – ohne es zu merken – geben wir genau das weiter. Wir lehren sie, sich zu kontrollieren. Sich zurückzuhalten. Sich Liebe erst zu verdienen.

Was wäre, wenn du nicht zurückmusst?

Aber vielleicht musst du gar nicht „zurück in Form“. Vielleicht darfst du einfach bei dir bleiben. Bei der, die du jetzt bist. Die, die schon passiert ist. Du musst dich nicht irgendwo „hinein“ passen.

Du bist schon passiert.

Die Fotos in diesem Beitrag sind während der Geburtsfotografie-Masterclass bei Susanne Krauss entstanden.